FOTOGRAFIE

eine kleine hommage


Der Reiz am Fotografischen

 

Warum ausgerechnet Fotografie? Ist es doch ein Medium, das aktuell so stark wie kein anderes zur Informationsvermittlung dient und uns dadurch in jeder Lebenswelt umgibt. Mit der Digitalisierung immer schneller werdend, ist das Foto allgegenwärtig: Im Internet, in den Fernsehnachrichten und natürlich in den Printmedien. Was dazu geführt hat, liegt wohl auf der Hand: Ein Foto bildet die Realität objektiv, ja kopierend ab und überführt sie in die Zweidimensionalität.

Damit ist es ein leicht verständlichesund neutrales Medium. So dachte man bereits in der Zeit ihrer Erfindung im Jahr 1839. Das heißt eigentlich dem Jahr ihrer Patentierung durch Louis Daguerre (Daguerreotypie) in Paris. Er- bzw. gefunden wurde sie eigentlich schon ein bisschen früher – und zwar von einem Briten: William Henry Fox Talbot (1834). Er verwendete die Fotografie in ihren Anfängen zur Dokumentation von Sammlungen. Dabei handelte es sich um Sammlungen von Antiken, Geschirr oder Fossilien. Dieser Ansatz einer wissenschaftlichen Verwendung, indem sachlich und genau inventarisiert werden konnte, spiel e schnell auch für die Polizei bei der Verbrechensbekämpfung eine Rolle. So wurden Täter, Tatorte und Opfer fotografisch archiviert. Alles im Dienste eines fairen juristischen Verfahrens. Die Entwicklung der Fotografie unter dem Aspekt der objektiven Kopie der Realität könnte an dieser Stelle endlos und bis in die heutige Zeit weitergeführt werden.

Doch ist neben diesem Aspekt der nackten Wiedergabe eines Referenten (dem Fotografierten) ebenso dringlich und notwendig zu erwähnen, dass die Fotografie genauso irritierend und manipulierend wirken und eingesetzt werden kann. Die Technik der Retusche beispielsweise wurde bereits 10 Jahre nach der Erfindung des fotografischen Verfahrens entwickelt. Negative sowie Positive wurden verändert. Nicht zuletzt darf außerdem nicht vergessen werden, dass der Apparat immer noch von einem Menschen bedient wird. Und selbst wenn die Kamera schärfer, schneller und weiter sieht bzw. ein Bild speichern kann als das menschliche Auge, legt das Individuum den Bildausschnitt fest. Schon allein die Gegenwart einer Fotograf*in verändert den Ort des Geschehens und damit ein Stück weit die Authentizität des Geschehens.

 

Besonders reizvoll also an der Fotografie ist für uns die Möglichkeit zur Aufspannung diesen alten Paradoxons, den die Fotografie seit ihrer Erfindung mit sich 'rum schleppt. Anders gesagt: sowohl die beobachtende Fotografie als auch die manipulierende oder passender die inszenierte Fotografie oder sogar das Spiel mit beiden Facetten macht das Medium zu einem so spannenden Ausdrucksmittel.

 

Fotografieren auf der Straße

 

Das Fotografieren auf der Straße, das schnelle Knipsen wie wir es von den Paparazzi kennen, war nicht von Anfang an möglich. Die Kameras waren zunächst sehr sehr groß und schwer. Die Belichtungszeiten waren sehr lang, da das photosensible Material noch nicht so empfindlich war und deswegen viel Lichteinstrahlung benötigt hat, bis es zur chemischen Reaktion und dem Einschreiben des Bildes in die Emulsion kam. Außerdem konnte zur Zeit der Daguerreotypie, das erste fotografische Verfahren, immer nur ein einziges Foto hergestellt werden. Das lag an der Technik selbst, denn es wurden direkt Positive und zwar auf photosensibel gemachte Metallplatten aufgenommen. Dies waren demnach Unikate. Man konnte also keine Kopie davon erstellen. Kopien bzw. die Vervielfältigung von Fotografien wurde erst durch die Erfindung des Negativ-Positiv- Verfahrens möglich. Das ist auch das Verfahren, das bis heute in der Analogen Fotografie verwendet wird. Außerdem ermöglichte diese technische Revolution, dass die Kameras immer kleiner und schneller werden konnten. Hinzu kamen verbesserte Möglichkeiten Fotos abzudrucken und ein gesteigertes Interesse der Gesellschaft an Bildern aus ihrer Mitte, ihrem Lebensumfeld.

Die sozialdokumentarische Fotografie bildete sich heraus. Hier portraitierten Fotogra*innen Arbeiter, Arme, Obdachlose in eingängigen Reportagen. Sie beschäftigten sich intensiv und nah mit den gezeigten Menschen in misslichen Lagen und am Rande der Gesellschaft. Beobachtend und einfühlend. Politisch und empathisch.

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt die etwas jüngere Street Photography. Hierbei geht es auch um die Schilderung von Lebensumständen, doch ist der Ansatz etwas anders. Sie funktioniert eher distanziert und schnell. Menschen werden zu Figuren eines gesamt-gesellschaftlichen und zeitgenössischen Balletts, das auf der Straße, in Cafés eben an öffentlichen Plätzen stattfindet. Sie sind Statisten. Es geht um besondere Augenblicke, kleinteilige Beobachtungen, die Rückschlüsse auf den Zeitgeist zulassen. Die Fotogra*in flaniert, duckt sich und hat die Kamera stets im Anschlag. Unschärfen und Verwackler sind nicht unbedingt ein Problem, ganz im Gegenteil zur sozialdokumentarischen Fotografie, die sachlich-korrekt und immer neutral schwarz-weiß agiert, kann es sogar zum authentischeren gesteigertr Authentizität Eindruck des Bildes beitragen.

 

 

Warum Analog – eine Hommage, die herausfordert

 

Wer kann sich noch erinnern, das letzte mal einen vollgeknipsten Film voller Erwartungen zum Entwickeln gebracht zu haben? Und noch viel schöner und spannender: der Moment, wenn die Abzüge in der kleinen Tüte abholbereit parat liegen und man gespannt wie ein kleines Kind die Überraschungstüte öffnet. Leuchten die Augen wieder rot? Haben im entscheidenden Moment die üblichen fotoscheuen Mütter und Tanten wieder weggeguckt? Ist das Familien-Hündchen wieder nur verwackelt auf dem Bild? Aber es sind genau diese „nicht-perfekten“ Bilder, die uns in die Atmosphäre der Situation zurück versetzen, die etwas mystisches, etwas reich nuanciertes inne haben. Sie halten die Erinnerungen wach, sind ungestellt und bekommen in ihrer Imperfektion vielleicht sogar eine neue ästhetische Facette.

Ja, analog zu fotografieren, ist vielleicht nicht mehr zeitgemäß. Und trotzdem aber nicht weniger en vogue. Die Bemühung, das Spiel um ein nie ganz einzuschätzendes Ergebnis – der Überraschungseffekt – ist, was wir nach wie vor interessant finden und besonders bei der analogen Fotografie einlösbar sehen. Daher auch die ganz ganz einfachen Kameras. So hat jeder die annähernd gleichen Grundvoraussetzungen, ein Foto zu schießen. Einzige Unterschiede werden sich an eurer Originalität und Kreativität messen lassen. Es geht uns nicht um technisch perfekte Fotos. Es geht uns um das Sehen im Moment und um das gemeinsame Entwickeln von Bildideen. Inszeniert, dokumentiert, verwackelt, haltet drauf und - vor allem - nehmt die Challenge sportlich und geht mit offenen Augen durchs Viertel.

 

 

Denn: ViertelForFoto

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